Unser Reporterfuchs Fabian hat sich im Vorfeld der Ringstraßen Galerien Designer Awards mit den Stargästen unter den diesjährigen Jurymitgliedern getroffen: Fionn Dobbin - lettischer Unternehmer und Pionier im Bereich Social Fashion Business und Kiera Chaplin - Schauspielerin, Model und Enkelin der Showlegende Charlie Chaplin.
Hier das Interview mit Herrn Dobbin:
MAMMU,
worum geht es dabei?
Wir
sind ein Modelabel aus Riga und arbeiten mit den besten nationalen,
aber auch zahlreichen internationalen Designern zusammen. Unsere
neueste Kollektion beispielsweise wird von Ernest Alexander
gestaltet.
Von
außen sind wir also ein normales Label mit tollen Fotografen und
tollen Designern. Im Inneren sind wir aber ein bisschen anders. Als
Sozialunternehmen werden unsere Produkte von Müttern hergestellt,
die Erziehung ihrer Kinder und Geldverdienen miteinander verbinden
müssen aber auf Grund der nicht flexiblen Arbeitszeiten am
Arbeitsmarkt keinen Job finden. Wir machen Workshops, geben ihnen
Textilien und wann immer Zeit ist, können sie unsere Produkte
produzieren und an uns verkaufen.
Uns
geht es nicht darum, Profit zu machen und uns das Geld in die Tasche
zu stecken, sondern wir wollen mit der MAMMU-Bewegung gegen ein
Problem in der Gesellschaft ankämpfen.
Ich
zeig dir mal ein paar Sachen!
Was
mir gleich auffällt, ist die saubere Verarbeitung.
Ja!
Die meisten Frauen in Lettland haben ohnehin sehr viel Erfahrung als
Schneiderinnen, weil sie auch oftmals nicht an Klamotten kamen und
dadurch selbst Mode herstellen mussten. Schau hier zu Beispiel: Das
ist von den lettischen Designern MAREUNROL'S!
#totesamaze |
Oh Magnetverschluss!
Genau!
Dieser Schal ist quasi dekonstruiert – hinten aus dem Revers bei
einem Jackett rausgenommen und dann passend umgewandelt.
Verzichtet
ihr also zur Gänze auf Produktionsstätten?
Wir
haben eine dezentrale Produktion - das heißt wir produzieren in der
ganzen Stadt, müssen keine Maschinen oder Sonstiges kaufen und
unterstützen damit das Einkommen der Frauen. Schön langsam haben
wir auch begonnen, mit Großvätern zusammen zu arbeiten. Da gibt es
beispielsweise Kleiderbügel aus Holz, das die Großväter am Land im
Wald finden und gleich verarbeiten.
Aber
woher stammt denn das Konzept für MAMMU?
Ah
genau, das Konzept! Ich bin eigentlich Produktdesigner und als ich
eine Toilette entwickelt habe, bin ich auf das Thema “Social
Business“ gestoßen. Ich habe mich dann immer weiter involviert,
habe angefangen eigene soziale Ideen auf die Beine zu stellen und bin
- samt sozialem Engagement - wegen meiner Frau, die Lettin ist, nach
Lettland gezogen. Ausschlaggebend für MAMMU war dann letztendlich
ein persönlicher Vorfall – ich kannte eine Frau, die plötzlich
Witwe geworden ist und von einem Tag auf den anderen alleine war,
keine Unterstützung vom Staat bekam und da wollte ich sehen, was man
machen kann, um mit diesem Problem umzugehen.
Bitte, danke. |
Heutzutage
ist profitorientiertes Business der Alltag – was braucht es, um in
Zeiten wie diesen ein “Social Business“ aufzustellen?
Ich
finde es ist ganz normal, dass man als Mensch gerne Sachen für sich,
aber auch gerne für andere Menschen macht!
Auch
ich habe nebenbei noch Projekte, die voll auf Profit aus sind aber da
fehlt dann halt das Menschliche. Besonders in der Zukunft wird es
ziemlich wichtig sein, dem Konsumenten zeigen zu können, das mit dem
investierten Geld neben einem Kauf auch etwas Gutes getan werden
kann.
Sucht
ihr euch die Designer eurer Kollektionen aus oder werden diese von
alleine auf euch aufmerksam?
Es
gibt ja dieses wirtschaftliche Prinzip, dass jeder Mensch über sechs
Handschläge mit einem anderen verbunden ist. Im kleinen Lettland
wären das ein bis zwei Handschläge! Wenn man, wie ich, schon ewig
lange in der lettischen Künstlerszene unterwegs ist, weiß man, wer
die Talente sind.
Kurz
nachdem wir an die Öffentlichkeit gegangen sind entstand schon
beinahe eine richtige Bewegung. Junge Fotografen und Designer haben
sofort gefragt, ob sie uns nicht irgendwie helfen können. Wenn
jemand also für uns fotografieren, modeln oder designen möchte,
sind die Leute immer herzlich willkommen.
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Sozial
also nicht nur im Sinne von “Social Business“ sondern auch
“Social Communication“?
Ja
genau! Keinerlei Arroganz oder Sonstiges – wir sind wirklich sehr
offen!
Möchtest
du noch eventuelle Zukunftspläne für MAMMU mit uns teilen?
Klar!
Wir werden weiter mit Designern arbeiten, spekulieren auch schon über
eine MAMMU-Filiale in Wien, wo wir an den Problemen, die es in
Österreich gibt, arbeiten. Vielleicht finden sich ja auch hier
Großväter, die gerne Kleiderbügel herstellen? Hierbei würde dann
weniger das Finanzielle im Vordergrund stehen, sondern die
Überwindung der Einsamkeit dieser Menschen. Da muss man erst mal
schauen, welche Probleme es gibt und wie wir diese überwinden
können.
MAMMU
ist wie ein kleiner Samen, den man überall einpflanzen kann. Wie
viel Sonne und Wasser schlussendlich benötigt wird – weiß man
erst, wenn er wächst.
Zusammen ist man weniger allein. |
Interview: Fabian Riess
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